AfD-Kritik darf nicht auf Minister-Homepage
Horst Seehofer unterliegt vor Bundesverfassungsgericht
Wer in eine von vornherein aussichtslose Schlacht zieht und dabei dem erklärten Gegner eine große Bühne bereitet, der wird wohl wissen weshalb. Weitestgehend aussichtslos war die Position des Bundesinnenministers jedenfalls, dem die "Alternative für Deutschland" im verfassungsrechtlichen Organstreitverfahren vorwarf, ihr Recht auf Chancengleichheit durch eine Interviewäußerung auf der Homepage des Innenministeriums verletzt zu haben. Dort hatte Horst Seehofer die AfD im September 2018 unter anderem als "staatszersetzend" bezeichnet. Am 09.06.2020 verkündete das Bundesverfassungsgericht sein Urteil. Nach wiederholter Rechtsprechung des Gerichts aus der jüngeren Vergangenheit verletzt ein Regierungsmitglied eine konkurrierende Partei in ihrem Verfassungsrecht auf Chancengleichheit, wenn es sich unter Ausnutzung der Autorität und der Ressourcen seines Regierungsamtes parteipolitisch äußert. Erwartungsgemäß verwirklichten sich die bescheidenen Erfolgsaussichten des Bundesinnenministers also nicht. Und die große Karlsruher Bühne für den politischen Gegner war auch bereitet. Innenstaatssekretär Krings bemühte sich dennoch zu erklären, für welches rechtliche Ziel der Bundesinnenminister trotz allem in den Karlsruher Ring gestiegen ist: Für das Recht eines Regierungsmitglieds, sich grundsätzlich auch parteipolitisch ohne Blatt vor dem Mund äußern zu dürfen. Festzuhalten ist allerdings, dass die AfD nicht beantragt hat, durch die Interview-Äußerungen als solche in ihrem Parteiengrundrecht aus Art. 21 Abs. 1 S. 1 GG verletzt worden zu sein. Nach den Ausführungen des Verfassungsgerichts hat der Bundesinnenminister der AfD tatsächlich gerade dadurch erst zum Rechtschutzbedürfnis und letztlich zum Erfolg verholfen, dass er auf der Rechtmäßigkeit der Homepage-Veröffentlichung beharrt hat. Nun ja, vielleicht ist diese Betrachtungsweise auch viel zu juristisch-kleinkariert. Vielleicht ist die heroische Niederlage des auf großer Bühne kämpfenden Bundesinnenministers ja auch ein Wert, der es verschmerzbar macht, dass eigentlich die anderen gewonnen haben. Wer weiß.