Yelp ./. Speedfitness GmbH
Urteil des Bundesgerichtshofs
Credits: siehe unten!
Zwei starke Gegner liegen seit über fünf Jahren vor der deutschen Gerichtsbarkeit miteinander im Clinch. Auf der Beklagtenseite die europäische Konzern-Tochter Yelp Ireland Limited des US-amerikanischen Internetunternehmens Yelp Incorporated. Gegründet und gelenkt vom charismatischen CEO Jeremy Stoppelman peilt Yelp für 2020 seine erste Umsatzmilliarde an und ist auch in Deutschland das Empfehlungsportal für lokale Geschäfte. Auch Renate Holland – geschäftsführende Gesellschafterin der klagenden Speedfitness GmbH – wird man als zweifache Bodybuilding-Weltmeisterin das Attribut stark zuschreiben dürfen. Stark genug jedenfalls, um sich mit Yelp anzulegen. Yelp hat nämlich – wie alle Silicon-Valley-Größen – ein süßes, kleines Geheimnis: den Algorithmus, bei Yelp Empfehlungssoftware genannt. Dieser Algorithmus entscheidet, ob eine abgegebene Bewertung es – verdient hat, in die von Yelp errechnete Gesamtnote für die bewertete Lokalität miteinbezogen zu werden. Die von der Klägerin betriebenen Fitness-Studios hatten im Jahr der Klageerhebung 2014 für zwei Niederlassungen recht mäßige Gesamtnoten erhalten, für deren Berechnung der Algorithmus allerdings nur etwa fünf Prozent der insgesamt abgegebenen Bewertungen berücksichtigt hatte. Bei Einbeziehung der – in Yelp-Terminologie – "nicht empfohlenen" Bewertungen wäre das Gesamtergebnis für die beiden Niederlassungen ganz erheblich besser ausgefallen. Nachvollziehbar, dass die Klägerin gegen die Nicht-Berücksichtigung von 95 % der abgegebenen Bewertungen im konkreten Fall vorgehen wollte. Am 14.01.2020 hat der Bundesgerichtshof gegen Renate Hollands Speedfitness GmbH und für das Bewertungsportal Yelp entschieden. Im Zentrum einer rechtlichen Entscheidung steht häufig eine Interessenabwägung, das Gewicht und die Bedeutung von Rechtspositionen werden zueinander ins Verhältnis gesetzt. Es mag durchaus ein legitimes Interesse am Aussortieren solcher Bewertungen bestehen, die möglicherweise zweifelhaften Ursprungs sind. Es mag auch hinnehmbar sein, dass dies faktisch nur durch einen Algorithmus geschehen kann, selbst wenn fragwürdige Ergebnisse im Einzelfall nicht auszuschließen sind. Dennoch legt der Bundesgerichtshof seiner Entscheidung an maßgeblicher Stelle eine sehr problematische Annahme zugrunde. Anders als das Oberlandesgericht München, welches noch zugunsten der Speedfitness GmbH entschieden hatte, geht das Revisionsgericht davon aus, dass der Nutzer aufgrund der Darstellung auf der Yelp-Website üblicherweise erkennen wird, dass die prominent platzierte Gesamtnote nur auf einer Auswahl der tatsächlich abgegebenen Bewertungen beruht. Tatsächlich rechtfertigt das Design des streitgegenständlichen Speedfitness-Eintrags diese Annahme kaum. Aktuell ist neben der Gesamtnote "2 1/2 von 5 Sternen" der Zusatz "11 empfohlene Beiträge" angebracht. Diese "empfohlenen Beiträge" werden auf der Seite sodann in voller Länge dargestellt und erst ganz am Fuß der Seite findet sich in hellerem Grau die mit einem Link unterlegte Zeile "77 andere Beiträge, die zur Zeit nicht empfohlen werden". Nur ein sehr sorgfältiger Betrachter der Seite dürfte diesen Hinweis auf die "nicht empfohlenen Beiträge" überhaupt erst entdecken, um in der Folge mögliche weitere Schlüsse ziehen zu können. Die Feststellungen des Berufungsurteils lassen zwar Raum für die Annahme, dass dem Bundesgerichtshof noch eine etwas transparentere Fassung des Yelp-Eintrags der Klägerin zur Beurteilung vorlag. Dennoch wäre eine Revisionsentscheidung zugunsten der Speedfitness GmbH vorliegend sehr gut vertretbar gewesen und der Prozessbevollmächtigte der beklagten Yelp Ireland Ltd., Dr. Thomas Winter, dürfte die Vorgänge im Maschinenraum des VI. Zivilsenats treffend eingeordnet haben. Es bleibt abzuwarten, ob die streitbare Fitness-Unternehmerin Renate Holland noch das Bundesverfassungsgericht bemühen wird. Dort liegt die Erfolgsquote allerdings tatsächlich nur bei 1 bis 2 Prozent.
Credits für die im Video verwendeten Fotos:
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Foto: girlswithmuscle.com |
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Foto: Joe Miletzki | Foto: Guido Radig / Lizenz | Foto: Guido Radig in der Wikipedia auf Deutsch / Lizenz |